Interview zum Kinderschutzkonzept: Grow Together
„Der Weg zu einem gesamten Kinderschutzkonzept ist mühsam, braucht viel Arbeit. Aber allein der Weg dahin bedeutet eine Organisationsentwicklung, die Achtsamkeit generiert und das Team stärkt. Wesentlich war für uns vor allem, dass ALLE im Team daran beteiligt waren!“, Katharina Kruppa, Gründerin und inhaltliche Leitung von Grow Together.
Die Kinderliga-Mitgliedsorganisation Grow Together unterstützt und begleitet Familien mit Babys in schwierigsten Lebenssituationen. Denn rund um die Geburt eines Babys sind auch in sehr belasteten Familien tiefgreifende und nachhaltige Veränderungen möglich. Das Ziel von Grow Together ist es, für die Kinder bestmögliche Gesundheits- und Entwicklungschancen sicherzustellen. Das professionelle bindungs- und beziehungsorientierte Angebot reicht von Hausbesuchen, Gruppenangeboten, Interaktionsförderung für die Eltern-Kind-Beziehung, Therapiesitzungen für die Eltern bis zu einer liebevoll begleiteten Kindergruppe nach höchsten Qualitätskriterien mit einem Betreuungsschlüssel von max. 1:3. Das Programm ist in seiner Intensität und Interdisziplinarität einzigartig. Im Zentrum der Betreuerteams steht das Wohl der Kinder und die Gleichwürdigkeit aller Beteiligten. Die Kinder können so ihr Entwicklungspotenzial bestmöglich ausschöpfen und die Eltern das Leben mit den Kindern besser bewältigen.
2024 hat Grow Together ihr eigenes Kinderschutzkonzept veröffentlicht und die Kinderliga hat Dr.in med. Katharina Kruppa, Gründerin und inhaltliche Leitung von Grow Together dazu interviewt. Dieses spannende Interview wollen wir mit euch teilen!
Mit der Fertigstellung des eigenen Kinderschutzkonzepts 2024 hat sich Grow Together aus einem anderen Blickwinkel mit dem Thema Kinderschutz auseinandergesetzt, nämlich aus Organisationsentwicklungsperspektive. Wie kam es zu dem Vorhaben ein Kinderschutzkonzept erarbeiten zu wollen?
Katharina Kruppa: Grow Together sieht seit der Gründung den Kinderschutz als handlungsleitend an, der Schutz der Kinder ist Basis des Vereins. Daher waren Richtlinien zum Kinderschutz immer wesentlich. Dennoch ist es noch ein weiter Weg von Kinderschutzrichtlinien zu einem Kinderschutzkonzept. Die Idee und Begleitung verdanken wir der Kinderliga, die uns erst auf die Unterschiede aufmerksam gemacht hat und dann auch den ganzen (manchmal mühsamen ????) Prozess begleitet hat.
Wir vergleichen den Entstehungsprozess eines Kinderschutzkonzeptes oft mit einem Puzzle: Bis der letzte Stein richtig sitzt, hat man vieles ausprobiert. Welche Herausforderungen gab es im Zuge des Ausarbeitungsprozesses?
Katharina Kruppa: Zentral in der Erarbeitung des Konzeptes sind einerseits die Risikoanalysen und dann die strukturierten Handlungsabläufe für alle möglichen Fälle. Beide Themen waren herausfordernd, trotz des hohen Engagements aller Mitarbeiter*innen. Die Fragen, wo überall Grenzverletzungen passieren können, führten uns erst einmal vor Augen, wo – auch innerhalb der Tätigkeit des Vereins - überall mögliche Gefahren für das Kindeswohl liegen könnten und was daher ein Schutzkonzept alles beinhalten muss. Z.B. auch die Frage, was man tun muss, wenn ein*e Kolleg*in Grenzen von Kindern verletzt. Wo hört die Kollegialität auf, wo muss ich “melden”, und an wen. Die alte Gratwanderung zwischen Vertrauen und Kontrolle. Allein dass das zur Sprache kommen darf, ändert etwas in der Organisation und erhöht die Achtsamkeit und Transparenz.
Welche Möglichkeiten bietet die Kinderschutzrichtlinie für den Verein und die Mitarbeitenden? Können nach etwa 6 Monaten bereits Auswirkungen wahrgenommen werden? Wird die Kinderschutzrichtlinie als Unterstützung im Berufsalltag wahrgenommen?
Katharina Kruppa: Vielleicht die wichtigsten Funktionen des Konzepts sind die klaren, strukturierten Meldewege und Handlungsanweisungen in Krisenfällen. Kürzlich erst konnte ein belastender Fall durch das Konzept leichter bearbeitet werden. In der Nachbearbeitung des Falles wurde das Konzept wieder ergänzt. Dass so ein “lernendes Konzept” zur Verfügung zu steht bedeutet für die (haupt- und ehrenamtlichen) Mitarbeitenden einerseits selbst Schutz, andererseits eine Erhöhung der Selbstwirksamkeit.
Was möchte Grow Together anderen Organisationen für die Erstellung ihrer Kinderschutzrichtlinie mit auf den Weg geben?
Katharina Kruppa: Der Weg zu einem gesamten Kinderschutzkonzept ist mühsam, braucht viel Arbeit. Aber allein der Weg dahin bedeutet eine Organisationsentwicklung, die Achtsamkeit generiert und das Team stärkt. Wesentlich war für uns vor allem, dass ALLE im Team daran beteiligt waren!