Präsentation des Abschlussberichts der Kindeswohlkommission
Wien, 13.07.2021 - Die Kommission zur Überprüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Kinder im Bereich des Asyl- und Bleiberechtsverfahrens und ihrer Anwendungspraxis stellte ihren Bericht im Rahmen einer Pressekonferenz vor.
Am Podium vertreten waren die Vorsitzende der Kommission, Irmgard Griss, sowie die Kommissionsmitglieder
- Hedwig Wölfl, Geschäftsführerin der möwe-Kinderschutzzentren und langjähriges Vorstandsmitglied der Kinderliga
- Ernst Berger, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, ehem. Kommissionsleiter der Menschenrechtskommission der Volksanwaltschaft
- Helmut Sax, Jurist und Experte für Kinderrechte, Senior Researcher am Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte
- Reinhard Klaushofer, Jurist, Leiter des Österreichischen Instituts für Menschenrechte
Die Arbeit der Kommission beschäftigte sich mit der Frage, wie sehr das zentrale Anliegen Kindeswohl in die weitreichenden Entscheidungen bei Asyl- und Bleiberechtsverfahren miteinfließt.
Viele Stakeholder im Kinder- und Jugendbereich und Mitgliedsorganisationen der Kinderliga haben den Bericht positiv begrüßt.
Die Kurzfassung des Berichts zum Download
Die Langfassung des Berichts zum Download und weitere Informationen zur Kindeswohlkommission finden Sie auf der Website des Justizministeriums
Presse-Statement der Kindeswohlkommission zur Veröffentlichung des Berichts:
"Am Beginn und am Ende der Kommissionsarbeit stehen Ereignisse, die zu heftigen Diskussionen in der Öffentlichkeit geführt haben. In beiden Fällen ging es um fremde Kinder und Jugendliche, die in Österreich Schutz gesucht hatten. Im Jänner war es die Abschiebung einer gut integrierten Schülerin und ihrer Familie, die heftige Proteste auslöste. Im Juni war es der Verdacht, dass afghanische Jugendliche den gewaltsamen Tod eines Mädchens zu verantworten haben. Das löste eine ebenso heftige Diskussion aus, ob zu nachlässig und zu nachsichtig mit straffällig gewordenen Asylsuchenden umgegangen wird.
Die beiden Ereignisse zeigen das Spannungsfeld, in dem sich die Politik beim Schutz der Kinderrechte im Asyl- und Fremdenrecht befindet. Aufgabe der Kommission war es zu prüfen, wie es um den Schutz der Kinderrechte und des Kindeswohls in diesem Bereich ganz allgemein und insgesamt steht. Die Kommission legt dazu einen differenzierten Bericht vor.
Drei Ergebnisse seien hervorgehoben: Österreich ist durch zahlreiche völkerrechtliche, europarechtliche und verfassungsrechtliche Rechtsakte und Normen zu einem umfassenden Schutz der Kinderrechte und des Kindeswohls verpflichtet. Dieser Verpflichtung wird im Asyl- und Fremdenrecht nur unzureichend nachgekommen. Das gilt sowohl für die Gesetzgebung als auch für die Vollziehung. Der Bericht beschreibt die Defizite und enthält Empfehlungen für ihre Behebung.
Das zweite, für die Gesamtbeurteilung wesentliche Ergebnis betrifft die „Verländerung“ der Kinder- und Jugendhilfe. Sie führt dazu, dass es bei der Betreuung und Unterbringung von unbegleiteten Minderjährigen große Unterschiede gibt. Wer etwa das Glück hat, in Tirol aufgegriffen zu werden, für den nimmt die Kinder- und Jugendhilfe die Obsorge von Anfang an wahr. In den anderen Bundesländern kann es Wochen bis Monate dauern, bis ein Antrag auf Übertragung der Obsorge gestellt wird. Was fehlt, sind eine einheitliche gesetzliche Regelung für die Obsorge und einheitliche kinderrechtliche Standards.
Drittes und ebenso wesentliches Ergebnis ist schließlich. dass es ein umfassendes und unabhängiges Kinderrechte-Monitoring braucht. Gegenstand des Monitorings soll die Beachtung der Kinderrechte in der gesamten Gesetzgebung und Vollziehung sein."