Gesundes Aufwachsen für alle Kinder

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27.02.2020

Seltene Erkrankungen – viele Baustellen: Kinderliga fordert Bekenntnis zur besseren Versorgung von Kindern und Jugendlichen!

Wien, 27.2.2020 - Mit der dank medizinischer Fortschritte steigenden Lebenserwartung von Kindern und Jugendlichen mit einer seltenen Erkrankung steigen die Anforderungen an das Gesundheits-, aber auch an das Schulsystem.

Bei der Bewältigung des Schulalltags stoßen Kinder und Jugendliche mit einer seltenen Erkrankung sowie deren Familien oftmals an ihre Grenzen. Auch der Übergang von der spezialisierten medizinischen Kinderversorgung in die Erwachsenenmedizin stellt für junge Menschen mit einer seltenen Erkrankung eine große Herausforderung dar. Die betroffenen jungen Menschen und deren Familien fühlen sich allein gelassen. „Kinder und Jugendliche mit einer seltenen Erkrankung haben das Recht auf Zugang zu Bildung und zu bestmöglicher medizinischer Versorgung, ohne dass sie immer wieder an strukturbedingte Grenzen stoßen“, sagt Dr.in Caroline Culen, klinische Psychologin und Geschäftsführerin der Österreichischen Liga für Kinder- und Jugendgesundheit.

Die Politik reagiert nach Ansicht der ExpertInnen der Kinderliga trotz jahrelanger Gespräche und Forderungen in diesen Bereichen zu langsam. Die Kinderliga fordert daher mehr Unterstützung, sowohl im Ausbildungsbereich als auch beim Übergang von der kindermedizinischen Betreuung in die Erwachsenenmedizin (Transition).

Um Lücken zu schließen, entwickelt die Kinderliga mit Kooperationsparterinnen  und -partnern unterstützende Angebote: mit der Initiative „Wissen hilft“ für PädagogInnen der 6.-9. Schulstufe sollen im Bildungsbereich Informationen zu seltenen Erkrankungen vermittelt werden. Mit Fortbildungs- und Vernetzungsangeboten wie dem Transitionssymposium im Herbst 2019 in Wien werden auf Bewusstseinsbildung zu den Versorgungslücken in der Phase des Erwachsenwerdens gesetzt. Die ExpertInnen der Kinderliga erwarten sich aber auch von der Bildungs- und Gesundheitspolitik konkretes Engagement.

Herausforderung Transition als Resultat einer medizinischen Erfolgsgeschichte

„Dass wir uns mit dem Thema Transition überhaupt beschäftigen, ist das Resultat einer Erfolgsgeschichte. Die Fortschritte der Medizin in den letzten Jahrzehnten bedeuten für viele Kinder und Jugendliche mit chronischer und seltener Erkrankung ein Überleben bis ins Erwachsenenalter. Job, Liebesbeziehungen oder die Welt entdecken, das alles bleibt nicht nur ein Traum, sondern kann Realität werden“, weiß Culen aus ihrer langjährigen Tätigkeit mit chronisch kranken Jugendlichen am AKH Wien. In den allermeisten Fällen besteht aber auch der Bedarf nach lebenslanger medizinischer Betreuung. In der erwachsenenorientierten Versorgung wird von den jungen Erwachsenen plötzlich erwartet, dass sie ihre Krankheit selbst managen.

Lost in Transition

In Österreich haben 15-20 Prozent der Jugendlichen in der Altersgruppe der 14- bis 20-Jährigen aufgrund einer seltenen Erkrankung einen verstärkten Bedarf an Gesundheitsversorgung und medizinischer Betreuung. In der Gruppe der 18-Jährigen sind das in Österreich immerhin ca. 170.000 Jugendliche. Dazu gehören junge Menschen mit Diabetes Typ 1, Rheuma, Cystischer Fibrose, asthmatischen Allergien, Krebserkrankungen, Epilepsie, seltenen Stoffwechselerkrankungen, neuromuskulären Erkrankungen, psychiatrischen Erkrankungen uvm. „Für all diese jungen Menschen kann eine fehlende oder schlecht vorbereitete Transition schwerwiegende Folgen haben. Studien zeigen, dass sich der Krankheitsverlauf beim Wechsel von der kinder- und jugendärztlichen Betreuung in die Erwachsenenversorgung oft verschlechtert“, weiß Culen. Manchmal fallen Jugendliche und junge Erwachsene dann ganz aus der medizinischen Betreuung. „Lost in transition“ wird dieses Phänomen international genannt. Je nach Erkrankung kann diese Rate bei 30 % bis 90% der betroffenen jungen Menschen liegen. Dieses Phänomen ist mit einem erhöhten Risiko für gesundheitsgefährdende Zustände und einer verringerten Lebensqualität der Betroffenen verbunden. Dazu kommen erhöhte Kosten für das Gesundheitssystem durch medizinische Notfälle oder Folgeschäden.

Transition: Fehlende Strukturen erschweren nachhaltigen Übergang

„Alle jungen Menschen und ganz besonders jene mit einer seltenen Erkrankung brauchen für ihre Entwicklung Zeit – und die ist selten mit dem „Stichtag“ 18. Geburtstag abgeschlossen“, so Culen. Neben den Hürden, die PatientInnen ganz persönlich erleben, liegen die wesentlichen Hürden in den Strukturen des Gesundheitssystems: wenig Zeit für eine individuelle Begleitung der PatientInnen und keine Finanzierung durch das Gesundheitssystem führen zu begrüßenswerten engagierten Einzelinitiativen. Garantie auf bestmögliche nachhaltige Versorgung gibt es für jugendliche PatientInnen jedoch keine.

ExpertInnen aus D-A-CH formulieren im Rahmen eines Symposiums der Kinderliga erste Lösungsansätze für gelingende Transition

Health Care Professionals und PatientInnen formulierten im Rahmen des zweitägigen Transitionssymposiums der Kinderliga, das im November 2019 in Wien stattfand, Forderungen und Lösungsansätze, wie der Übergang von der Pädiatrie in die Erwachsenenmedizin für junge Menschen mit einer seltenen Erkrankung gelingen kann:

  • Lücken im Transitionsprozess müssen geschlossen werden
  • In Österreich sollen flächendeckende, strukturierte Transitions-Standards etabliert werden, bei gleichzeitiger individueller Betreuung von chronisch Erkrankten und deren sozialem Umfeld
  • Vernetzung von ExpertInnen und PraktikerInnen für Austausch, Wissenstransfer und neue Wege der Zusammenarbeit
  • Wissenschaft und Forschung über Transition haben große Vorarbeit geleistet – praktische und gesundheitspolitische Umsetzung muss jetzt auf der Agenda stehen

„Gelungene Transition bedeutet für mich, eine durchgehende Versorgung von 16 bis 25 Jahren gebührenfrei sicherzustellen – und zwar auf dem medizinischen Niveau, das der Erkrankung angemessen ist“, so Culen.

 

„Wissen hilft“:

https://medahead-fortbildung.at/event/wissenhilft-2020/

 

 

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Verena Bittner-Call

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