Mangelversorgung in der Pädiatrie
Die pädiatrische Versorgung in Österreich ist durch einige Problemfelder gekennzeichnet, die Ausdruck struktureller Mängel sind, wie etwa fehlende Kassen-Kinderärzt*innen und zunehmende Zwei- bis Drei-Klassen Medizin.
Kinder und Jugendliche in Österreich erhalten im akuten Erkrankungsfall oder auch bei schweren Erkrankungen meist sehr gute und kostengünstige bzw. kostenfreie Behandlung. Dennoch gibt es einige Problemfelder: Überfüllte Ambulanzen an kinder- und jugendmedizinischen Abteilungen in den Spitälern und fehlende Kassen-Kinderärzt*innen sind Ausdruck eines strukturellen Problems. In den kommenden Jahren wird ein erheblicher Anteil an Kinderärzt*innen in Österreich das Pensionsalter erreichen. Strenge Arbeitszeiten mit Mindestöffnungszeiten, geringe finanzielle Abgeltung durch die Sozialversicherungen mit vielen Patient*innen und gleichzeitig wenig Zeit für Behandlung machen die Arbeit als Kassenärzt*in unattraktiv. In Wien sind Kassenärzt*innen im Schnitt immerhin für 3.500 Kinder, in Tirol im Schnitt für 5.900 Patient*innen zuständig (vgl. dazu Daten über die Website der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde https://paediatrie.at/).
Daher beobachten wir im extramuralen/niedergelassenen Bereich der Primärversorgung zunehmend eine Zwei- bis Drei-Klassen-Medizin: Es gibt in Österreich eine rasche Entwicklung zu immer mehr Wahlärzt*innen und Privatärzt*innen auch im Kinder- und Jugendbereich. 2019 war in Wien das Verhältnis Kassenkinderärzt*in zu Wahlkinderärzt*in 84 zu 132. Primärversorgungszentren (PVE) gibt es nur für Allgemeinmediziner*innen, der Vernetzung und dem Nahtstellenmanagement im Kinderbereich fehlen Ressourcen, die Remuneration ist veraltet. Kinder-und Jugendfachärzt*innen sollten als Leiter*innen eines PVE in Betracht kommen bzw. durch Zusammenschluss mehrerer pädiatrischer Einzelpraxen ein »Netzwerk-PVE« bilden können. In der aktuellen Version des PVE-Gesetzes findet sich hier keine adäquate Abbildung der niedergelassenen Fachärzt*innen für Kinder- und Jugendheilkunde. Dadurch entsteht auch ein Widerspruch zu der im Österreichischen Strukturplan Gesundheit (ÖSG) dezidiert eingeforderten Versorgungsgerechtigkeit (vgl. https://goeg.at/OESG).
Neue Initiativen von Pädiater*innen gemeinsam mit Angehörigen kooperierender Gesundheitsberufe und alarmierten Eltern entstanden Ende 2019, Anfang 2020, etwa das Kinderärzt*innen-Netzwerk, der Wiener Kindertisch oder www.kindergesundheit-innot.at. Sie wollen öffentlich Bewusstsein zur Situation in der Kinderheilkunde schaffen und gleichzeitig die Politik zum Handeln gewinnen.
Forderungen der Kinderliga:
- Anpassung der kassenärztlichen Leistungen
- Attraktive Rahmenbedingungen für Gruppenpraxen und Primärversorgungszentren für Kinder- und Jugendfachärzt*innen
- Multiprofessionelles Arbeiten ermöglichen
Weitere Forderungen und Informationen finden Sie in der Präsentation Kinderfachärzt*innen-Mangel (Stand Ende 2019) zum Download.
Weitere Forderungen zu Kinder- und Jugendgesundheit und Gesundheitsversorgung finden Sie in unseren Kinderliga-Berichten.